In der Mayersche entdeckt, den Klappentext gelesen, ein paar Nächte darüber geschlafen und dann als Rezensionsexemplar beim Goldmann Verlag angefragt: So könnte man meinen Anfang mit dem Buch knapp zusammenfassen. Ich habe mich total darüber gefreut, den Thriller zugeschickt bekommen zu haben, war aber tatsächlich etwas skeptisch zu Beginn: Würde es Sveistrup wirklich schaffen, auf etwa 600 Seiten den Spannungsbogen komplett aufrechtzuerhalten? Ich sollte es herausfinden.
Seht euch hier an, was ich über das Buch in meinem Lesemonat zu sagen hatte:
Die Handlung
Die Politikerin Rosa Hartung und ihr Mann Steen hatten beziehungsweise haben mit einem Schicksalsschlag zu kämpfen, der sich vor rund einem Jahr ereignet hatte. Seitdem ihre Tochter Kristina ermordet wurde, ist nichts mehr, wie es mal war und die beiden versuchen, den Alltag ihrer kleinen Familie möglichst uneingeschränkt fortzuführen. Währenddessen werden Komissarin Thulin und ihr Partner Hess, der von Europol suspendiert wurde, zu einem Tatort gerufen: Sie finden eine grausam misshandelte Frauenleiche vor. Doch damit nicht genug: In der Nähe der ermordeten Frau befindet sich ein Kastanienmännchen, das die Fingerabdrücke Rosas Tochter Kristina aufweist. Ehe die Ermittler Fortschritte in diesem Fall machen, taucht auch schon die nächste Frauenleiche auf…
Meine Meinung
Direkt zu Beginn des Buches werden wir als Leser mit einem Handlungsstrang konfrontiert, der viele Jahre in der Vergangenheit spielt. Es ist unmöglich, zu diesem Zeitpunkt zu verstehen, welche Rolle dieser im Rahmen der Geschichte einnehmen wird, doch es ist klar: Aus irgendeinem Grund wird das Ganze natürlich erzählt. Allein dieser Aspekt führte dazu, dass ich direkt in der Geschichte war und das Buch nicht mehr aus der Hand legen konnte. Und genau so ging es für mich auch weiter.
Mit ursächlich dafür war dabei auch der Schreibstil Sveistrups, der einfach zu lesen und sehr direkt war: Viele grausame Szenen wurden recht detailreich und plakativ beschrieben, sodass ich an der einen oder anderen Stelle definitiv schlucken und zweimal lesen musste, ob ich das gerade richtig verstanden habe.
Der Autor hat sich im Rahmen dieses Buches dazu entschieden, die Geschichte sehr verworren zu erzählen: Als Leser tappt man lange im Dunkeln, versteht nicht, wie die Personen zusammenhängen und bekommt erst nach und nach immer ein paar mehr Hinweise, die es logisch miteinander zu verknüpfen gilt. Ich bin ehrlich, ich habe es erst ziemlich weit am Ende verstanden, welche Erklärung hinter den Morden und Kastanienmännchen steckt und ich denke auch, dass man es gar nicht vorher herausfinden könnte, so sehr man sich auch anstrengt. Genauso wie die Ermittler selbst war ich an vielen Stellen frustriert und wollte dennoch zu keinem Zeitpunkt aufgeben und die Fälle ruhen lassen, auch wenn dies das Ziel so mancher Charaktere in diesem Buch war.
Was ich bisher selten bis gar nicht in einem Buch hatte, war die emotionale und fast schon körperliche Involvierung meinerseits. Das hört sich jetzt etwas dramatisch an, doch gemeint ist es wie folgt: Natürlich liebe ich spannende Thriller und bin bei einem guten Buch auch jederzeit voll mit dabei. Allerdings ist es in der Regel nicht so, dass ich Herzrasen beim Lesen bekomme und aufgeregt bin. Und beides war bei diesem Thriller der Fall. Es war grandios!
Bei den Protagonisten Thulin und Hess handelt es sich für mich um zwei Charaktere, die man wirklich ungern ziehen lässt, wenn man das Buch am Ende zuschlägt. Vor allem Hess ist ein wirklich undurchschaubarer, interessanter Mann, über den ich eigentlich noch so viel mehr herausfinden wollte, als letztendlich über ihn gesagt wurde. Doch vielleicht wäre gerade dann auch der Reiz dieses Charakters verlorengegangen, sodass ich mich darüber nicht beschweren möchte. Gerade weil weder wir als Leser noch die anderen Protagonisten über Hess so wenig wissen, ist vor allem Thulin – als Partnerin von ihm – sehr misstrauisch gegenüber ihm eingestellt und weiß nicht genau, wie sie ihn einordnen soll. Es ist unheimlich spannend, im Laufe des Buches das Verhalten der beiden zueinander zu beobachten. Gerade deshalb war es mit Sicherheit auch so schwer, sie am Ende des Buches ziehen zu lassen. Lieber Herr Sveistrup, ich möchte eine Fortsetzung!
Nicht zu vergessen ist natürlich auch die mystische, düstere Atmosphäre, die nicht zuletzt an dem Schauplatz als solchem liegt: Ich bin ohnehin ein Fan von skandinavischen Thrillern, sodass ich mich bei diesem Buch in Dänemark auch besonders wohlgefühlt habe.
Die beklemmende Stimmung und grausamen Morde wurden dabei für mich durch die Kastanienmännchen abgerundet: Obwohl oder gerade weil sie eigentlich als Kindermotiv bekannt sind, sorgt der Einsatz dieser für ein absolut ungutes Gefühl, das mich als Leser einfach nicht losgelassen hat.
Mein Fazit
Lesen, lesen, lesen! Die Mayersche am Neumarkt hat es bei ihren Buchempfehlungen perfekt zusammengefasst: Wenn ihr dieses Jahr nur noch einen Thriller lesen möchtet, dann diesen! Er ist technisch meisterhaft umgesetzt, verliert auf keiner der 600 Seiten an Spannung und würde sich meiner Meinung nach perfekt für einen Film eignen, mindestens aber für eine Fortsetzung!