In der Regel poste ich hier auf meinem Blog ausschließlich meine Meinung über ein Buch, wenn es sich um ein Rezensionsexemplar handelt. Der Grund dafür ist ganz einfach: Die gelesenen Bücher erscheinen so oder so auf meinen anderen Plattformen – konkret auf meinem YouTube- und Instagram-Kanal. Lediglich bei kostenlos zur Verfügung gestellten Exemplaren schreibe ich einen Artikel, um den Büchern noch mehr Aufmerksamkeit zu schenken und dem jeweiligen Verlag etwas „zurückzugeben“.
Die Stimme des Meeres ist jedoch kein Rezensionsexemplar und ich habe mich trotzdem dazu entschieden, über dieses tolle Werk zu schreiben. Dieses Mal jedoch nicht in Form des klassischen Aufbaus, den ich ansonsten wähle, sondern freier und verbunden mit meinen ganz persönlichen Fragestellungen und Gedanken, die dieses Buch in mir ausgelöst hat. Geschenkt bekommen habe ich es zu Weihnachten von meiner Schwester und war ganz gespannt auf den Inhalt und die Umsetzung.
Warum dieses Buch?
Direkt auf dem Einband steht „Ein Buch für Sanftmütige“: Zugegebenermaßen hat mich gerade das direkt angesprochen. Ein verständnisvoller, einfühlsamer Umgang mit der Natur und mit anderen Menschen empfinde ich in der heutigen Zeit als sehr selten. Geprägt wird unser Alltag hingegen viel stärker durch Hektik, Egoismus und die Darstellung des eigenen Ichs. Und auch ich nehme mich bei einigen Punkten nicht aus, schließlich verfalle ich selbst oft in Panik, wenn etwas nicht so klappt, wie ich es mir vorgenommen habe – Geduld und Ruhe liegen mir in diesen Zeiten so fern wie nichts anderes.
Ich habe erwartet, dass mich Sergio Bambaren mit auf eine Reise nimmt, die mir gerade das in Form einer Geschichte aufzeigt und es hat mich auf so viele unterschiedliche Arten berührt wie kaum ein anderes Buch. Und das auf nur 96 Seiten.
Worum geht es in Die Stimme des Meeres?
Bambaren befindet sich in Florida und nimmt uns mit bei seinen regelmäßigen Ausflügen zu den Manatis. Die friedlichen Seekühe sind neugierig und begegnen den Menschen absolut unvoreingenommen. Als der Autor mit den Manatis schwimmt, beginnt er immer mehr, die Welt aus ihren Augen zu sehen und empfindet das Erlebnis auf zahlreichen Ebenen als bereichernd, einzigartig und unvergesslich.
Allerdings gibt es natürlich auch eine Schattenseite: Und die ist schlicht und ergreifend der Mensch. Manatis werden durch Schiffsschrauben verletzt und durch respektloses Verhalten des Menschen verunsichert oder gar erschreckt. Das Erlebnis, mit Seekühen schwimmen zu können, möchte sich keiner entgehen lassen. Es spricht sich schnell herum und bald schon möchte jeder sagen können: „Ich war dabei!“. Der Fotobeweis erfolgt kurz darauf.
Sind wir noch fähig, das Schöne zu erkennen und zu schätzen?
Diese Frage lässt mich seit der Lektüre des Buches nicht mehr los. Während Bambaren eindeutig erkennt, welch wunderschöne Erfahrung es ist, den Tieren so nah zu sein, sie bewundert und ihnen respektvoll begegnet, indem er ihnen Raum lässt, scheinen sehr viele Menschen diese Fähigkeit verloren zu haben. Tourismus ist für zahlreiche, armen Gegenden auf der einen Seite sicher vorteilhaft (und er kann dementsprechend auch zu positiven Veränderungen beitragen), allerdings setzt dies voraus, dass wir als Mensch mit unserem Herz, Verstand und Kopf dazu in der Lage sind, die Natur und Tierwelt so zu behandeln, wie es ihr gebührt.
Und ganz ehrlich: Passiert das noch? Geht es nicht heute oftmals nur noch darum, wer das spektakulärste Foto zu zeigen hat und vorweisen kann, dass er dort gewesen ist? Für mich persönlich ist es abstoßend zu sehen, wie sich der Mensch als Herrscher der Welt darstellt, weil er beispielsweise den Mount Everest bestiegen hat, im gleichen Zug jedoch die Natur vor Ort zerstört, indem er ganze Kaffeemaschinen oder sonstigen Müll zurücklässt. Wie viel Egoismus und Rücksichtslosigkeit es braucht, um so zu handeln, muss man nicht weiter thematisieren, denke ich.
Bambaren zeigt gerade dies anhand des Umgangs mit den Manatis auf: Zahlreiche Touristen könnte es nicht weniger kümmern, ob sich ein Tier erschreckt oder es gar verletzt wird. Im Zweifelsfall ist es sogar noch Schuld, wenn der Mensch nicht weiß, wie er sich zu verhalten hat oder in Panik gerät. Das zu lesen hat mir nicht selten das Herz gebrochen, mich wütend gemacht.
Doch der Autor schafft hier kein Bild von Hoffnungslosigkeit: Er sieht es vielmehr als seine Aufgabe, uns Menschen wachzurütteln und das Bewusstsein zu schaffen, dass die Schönheit im Kleinen um uns herum liegt. Ich gebe zu, dass es auch mir manchmal schwerfällt, die Augen offenzuhalten und es zu erkennen, da mich gerade solche Nachrichten meist zutiefst beunruhigen, unglücklich und sehr negativ stimmen.
Doch ich glaube – wie der Autor selbst – dass gerade wir, die mit eben diesen offenen Augen durch’s Leben gehen und dieses Bewusstsein noch haben, die einzige Hoffnung sind. Deswegen gebe ich auch nicht auf und freue mich über Schnee, den treuen Blick eines Hundes, das Rauschen des Wassers oder darüber, dass ich auch nur einen Menschen in einer Gruppe bestehend aus vielen finde, der meine Ansichten teilt. Und ich danke allen dort draußen, an dieser Stelle natürlich vor allem Sergio Bambaren, die darauf aufmerksam machen. Auf welchem Wege auch immer. DANKE.